OberstufeVeranstaltungen

Projekt „Crash-Kurs“ – Sinn und Zweck

Am 25. Januar findet an unserer Schule der alljĂ€hrliche Crash-Kurs fĂŒr die Qualifikationsphase statt. In der Aula werden sich – dieses Jahr Q1 und Q2 gemeinsam – versammeln, um dem landesweitem Programm zur UnfallprĂ€vention beizuwohnen. Der Crash-Kurs ist eine Kampagne der Polizei Nordrhein-Westfalens, die sich speziell an OberstufenschĂŒler in weiterfĂŒhrenden Schulen sowie Berufskollegs richtet. Ziel ist es, die Zahl von VerkehrsunfĂ€llen – vor allem solche mit jugendlichen Beteiligten –– nachhaltig zu senken.

Hintergrund ist, dass sich in NRW pro Jahr ca. 550.000 VerkehrsunfĂ€lle ereignen, bei denen ĂŒber 600 Menschen ihr Leben verlieren. Junge Fahrer im Alter zwischen 18 und 24 sind hierbei ĂŒberproportional in schwere UnfĂ€lle verwickelt, fast 100 junge Fahrer versterben in NRW in VerkehrsunfĂ€llen. Überhöhte Geschwindigkeit, das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes, der Konsum von Alkohol und Drogen sind in ĂŒber 50 Prozent aller FĂ€lle die Ursachen, warum Menschen im Straßenverkehr zu Tode kommen oder schwer verletzt werden.

Einige zentrale Fragen zum Crash-Kurs:

Was verbirgt sich hinter dem Titel „Crash Kurs NRW“?

Crash Kurs NRW ist ein von der Polizei NRW initiiertes Konzept der VerkehrsunfallprĂ€vention. Die Umsetzung erfolgt an den Schulen des Landes. Den Auftakt machen dabei grundsĂ€tzlich Vortragsveranstaltungen fĂŒr ganze Jahrgangsstufen der Klassen 10 oder 11 und Berufskollegs. In solchen ein- bis zweistĂŒndigen Vortragsveranstaltungen wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern medienunterstĂŒtzt von VerkehrsunfĂ€llen, ihren Ursachen und Folgen erzĂ€hlt. Hierbei treten vier oder fĂŒnf Akteure auf, die an einem konkreten Beispiel von ihrer Erfahrung bzw. ihrem Erlebnis berichten.

Wie entstand die Idee fĂŒr den Crash Kurs und welche Ziele werden damit verfolgt?

Die Idee entstand beim Besuch einer PrĂ€ventionsveranstaltung in England durch den Leitenden Polizeidirektor Wolfgang Blindenbacher (damals Verkehrsreferent im Ministerium fĂŒr Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen) und mich im Dezember 2008. Unser Eindruck von der Veranstaltung und die Erfahrungen des englischen „Crash Course“ Teams fĂŒhrten zur Überlegung, etwas Ähnliches auch in NRW zu versuchen bzw. aufzubauen. Ziel ist, die Anzahl der im Straßenverkehr getöteten und verletzten Menschen in NRW zu senken. Dazu wird in den PrĂ€ventionsveranstaltungen vermittelt, dass VerkehrsunfĂ€lle nicht einfach geschehen, sie werden verursacht! Wir erzĂ€hlen, was VerkehrsunfĂ€lle bewirken und was jeder einzelne dagegen tun kann. Nicht nur Fahrer, auch Mitfahrer sowie andere Bezugspersonen werden angesprochen.

Bis 2009 wurden in Nordrhein-Westfalen jedes Jahr mehr als 620 Menschen im Straßenverkehr getötet und mehr als 14.000 schwer verletzt. 2014 waren es immer noch 509 getötete Menschen. Trotz aller BemĂŒhungen und trotz aller Fortschritte (die Zahl der Verletzten und Getöteten ist seit Jahren rĂŒcklĂ€ufig) bleibt festzustellen, dass viele nicht Opfer hĂ€tten werden mĂŒssen. VerkehrsunfĂ€lle zerstören Leben, aber VerkehrsunfĂ€lle sind auch vermeidbar, denn sie werden verursacht. Wir wissen, dass gerade die meisten der UnfĂ€lle mit schweren Folgen durch bewusste VerstĂ¶ĂŸe gegen Regeln verursacht werden. Daher ist wesentlich, gerade die Gruppe der oftmals zu risikobereiten „Jungen Fahrer“ zur Einhaltung dieser fĂŒr das Leben und die Gesundheit so wichtigen Regeln zu gewinnen. Hier setzt das Projekt Crash Kurs NRW an. Zielgruppe sind die grundsĂ€tzlich OberstufenschĂŒler, sowie im Einzelfall in großen Firmen mit hohen Auszubildendenzahlen. Sie sollen die Gefahren des Straßenverkehrs realistisch einschĂ€tzen lernen. Sie sollen außerdem erkennen, warum es zu den UnfĂ€llen kommt und was sie dagegen tun können.

Was geschieht in einer Crash Kurs NRW AuffĂŒhrung?

Die Akteure erzĂ€hlen von UnfĂ€llen aus der Umgebung, die sie aus eigenem Erleben kennen. ZunĂ€chst wird dazu die Aufmerksamkeit der Zuhörer fĂŒr unser Thema gewonnen. Dies kann durch ein Foto, oder eine kurze Videosequenz geschehen. Dann treten die Akteure auf. So berichtet z.B. eine NotĂ€rztin: „Ich habe ihm Sauerstoff gegeben, ihn beatmet, eine Herzdruck-Massage durchgefĂŒhrt, um den Kreislauf in Gang zu halten. Ich habe ihm Medikamente, Infusionen gegeben, eine Zeit lang versucht, ihn wiederzubekommen bis dann die Nulllinie im EKG erschien.“ Den Zuhörer wird ein Fenster in die RealitĂ€t geöffnet. Sie können emotional den Tod oder die schwere Verletzung eines Menschen miterleben, die Bedeutung der Folgen eines Verkehrsunfalls begreifen. Ein Polizist, der zusammen mit der Todesnachricht persönliche GegenstĂ€nde (Handy und MĂŒtze) ĂŒberbringen musste, erzĂ€hlt: „Ich bin zu der Anschrift hingefahren. Das Handy, das auf meinem Beifahrersitz lag, schellte. Die Frau oder Freundin des Verstorbenen hat angerufen. Und das war das BedrĂŒckende an der Geschichte, was mir eigentlich auch nicht aus dem Kopf geht.“ Ein Notfallseelsorger beschreibt die Reaktionen der Angehörigen, die von lautem Schreien ĂŒber Wut auf den Notarzt bis hin zur totalen Starre reichen: „Dass Vater und Mutter sich angucken und kein Wort sagen, sich nicht mal bewegen und dass das bis zu einer halben Stunde dauern kann, bevor sich dann ein unheimliches Leid ausbreitet…“

Wirkung erzeugt der persönliche Bezug zu den UnfĂ€llen. Das lĂ€sst niemanden kalt. Durch eigenes Erleben wirken die Akteure uneingeschrĂ€nkt glaubwĂŒrdig, weil sie mit ihrer Schilderung authentisch sind. Dabei werden Botschaften transportiert: Wie kam es zu dem Unfall? Wie kam es zu den Unfallfolgen? Im Mittelpunkt der Aussagen stehen meistens die Ursachen Geschwindigkeit, Fahren unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen sowie das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes.

Und was geschieht danach?

Eingebettet werden die VorfĂŒhrungen in den Schulalltag, wo das Thema in unterschiedlichen FĂ€chern aufgegriffen werden kann (nicht nur in Physik und Mathematik, was auf den ersten Blick nahe liegend wĂ€re). FĂŒr die Akteure wie fĂŒr die Lehrer sind Hilfen und Materialien bereits entwickelt worden und weitere werden folgen. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Angeboten, wie das Thema in den Unterricht eingebettet werden kann. Die Verkehrsunfall-Simulations-Software „Mechanik und Verkehr“ steht ebenfalls fĂŒr den Unterricht zur VerfĂŒgung.

Wie werden Menschen gefunden, die bereit sind, vor einem Publikum ĂŒber ihr Schicksal bzw. das Erlebte zu sprechen?

Durch persönliche Ansprache. Zu den Crash Kurs NRW Teams gehören Angehörige der Polizei, der Feuerwehr und Rettungsdienste, Ärzte, Notfallseelsorger, im Einzelfall auch Angehörige von Opfern oder Unfallopfer selbst. Es sind immer Menschen, die von einem persönlichen Erlebnis berichten und denen es ein Anliegen ist, das zu tun. Der Profit liegt in dem, was erreicht werden soll: Gemeinsam Leben retten. Darum geht es den Vortragenden. Sie wissen, wovon sie erzĂ€hlen und das spĂŒrt man als Zuhörerin oder Zuhörer.

Wie sind die Reaktionen des jungen Publikums auf drastische Bilder und Berichte?

ZunĂ€chst kommt es ĂŒberhaupt nicht auf drastische Bilder an, zu drastische Bilder können sogar kontraproduktiv sein. Was wirkt, sind die mit den Erlebnissen transportierten und von den Teilnehmern nachempfundenen Emotionen, sind die Bilder, die in den Köpfen entstehen. Die Geschichten sind wahr, keine Fiktion und das Publikum spĂŒrt das.

Sind die sinkenden Unfallzahlen in NRW auf Crash Kurs NRW zurĂŒckzufĂŒhren?

Es wĂ€re im wissenschaftlichen Sinne zumindest zum heutigen Zeitpunkt nicht seriös, die derzeitige gĂŒnstige Entwicklung allein auf Crash Kurs NRW zurĂŒck zu fĂŒhren. Crash Kurs NRW hat daran sicherlich einen Anteil. Aber auch andere PrĂ€ventionskonzepte oder EinflĂŒsse auf das Unfallgeschehen oder die Folgen erzielen Wirkung. Crash Kurs NRW generiert seine Wirkung u.a. durch ein flĂ€chendeckendes Erreichen der Zielgruppe und eine Aufarbeitung der relevanten Themen im Schulunterricht. In jedem Fahrzeug mit „jungen Fahrern“ soll zumindest eine beschulte SchĂŒlerin oder ein beschulter SchĂŒler sitzen. Die Zielgruppe umfasst bei einer Vollerfassung etwa 1,5 Mio. SchĂŒlerinnen und SchĂŒler, jĂ€hrlich kommen zzt. etwa 200.000 neue dazu.

Den Jugendlichen werden schockierende Bilder und ErzĂ€hlungen zugemutet. Wie wird verhindert, dass die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler davon nachhaltig traumatisiert werden?

Wir zeigen sicherlich auch schockierende Bilder. Wir gehen dabei aber nicht zu weit, wie man anhand der Ergebnisse der Wirkungsevaluation sehen kann. Im Einzelfall kann es dennoch schockieren, wenn man beim Bild von einer Unfallstelle zerstörte Fahrzeuge und Blut erkennen kann, oder einen abgedeckten leblosen Körper. Daher bereiten wir Schulen und SchĂŒlerinnen und SchĂŒler vor. Wir informieren zunĂ€chst ĂŒber das, was wir tun. Wir weisen auf die Gefahr einer Traumatisierung hin, gerade wenn ein entsprechendes eigenes Erleben in der Vergangenheit vorliegt. Es ist daneben auch jederzeit möglich, die Veranstaltung zu verlassen. Das sagen wir den SchĂŒlern ausdrĂŒcklich.

 

FĂŒr weitere Fragen zum Thema können Sie sich gern an ihre Polizeidienststelle wenden oder an das Landesamt fĂŒr Zentrale Polizeiliche Dienste der Polizei NRW (44dez.lzpd@polizei.nrw.de).

Quelle: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Lehrer/Termine/Programme/Crash-Kurs-NRW/Modulhandbuch.pdf

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